Fachzeitschrift musicals, Oktober/November 2016, Heft 181:
Münchner Merkur, Februar 2016:
Ottobrunn - Die Begeisterung, mit der Solisten und Ensembles der „Abraxas Musical Akademie München" das Wolf-Ferrari-Haus zum Schauplatz von Musical- Ausschnitten machten, stieß auf johlenden Beifall.
Regelmäßig gastiert die Berufsschule für Musical-Darsteller hier in Ottobrunn, ein herzliches Verhältnis entstand. Den Erwartungen entsprach der singende und tanzende Nachwuchs aus drei Ausbildungsklassen voll. Details wirkten sorgfältig einstudiert, nichts dem Zufall überlassen.
Unbeschwert begann das mit dem Musical „Anything Goes“. Cole Porters Sound zugespielt, wirkte verführerisch, im Geschmack der Uraufführung, New York 1934. Man sah aufs Deck eines Ozeandampfers, was an Künnekes Operette „Glückliche Reise“ erinnerte, uraufgeführt 1932 in Berlin, ebenfalls ein Verwirrspiel um Liebeskranke. Dem Zug ins Operettenhafte entsprachen Kapitän und Matrosen bei „Bon Voyage“ ebenso wie zwei in ihre Gefühle Verstrickte. „Zu lieben so leicht“ war zu hören, exzentrisch tanzte ein Paar zum „Gypsy“-Song.
Als Solisten gefielen Soprane und volltönende Mezzosoprane, weich timbriert wie Tenöre und Baritone, in Doppelbesetzung für beide Vorstellungen. Einfühlsam ergänzten sie sich mit Choristen, auch beim mitreißenden Stepp-Tanz. So bestätigte das Finale, „Anything goes“, den deutschen Titel: „Alles Okay“.
Bei Auszügen aus dem opernartigen Musical „Les Misérables“ mit Musik von Claude-Michel Schönberg setzten die Darsteller Pathos in die Rhythmik einfacher Bewegungen um. In der Welt der „Elenden“ färbte eine Solistin den nostalgischen Song „Einst hab‘ ich lichterloh gebrannt“ mit Wehmut. Von den Wirren einer Revolution lenkte eine Szene mit Trinkern an Tischen ab, ausgelassen mit ihrem Rädelsführer tanzend. Obwohl ein anderer von „einer Welt ganz ohne Hass“ sang, bewaffneten sie sich. Ein Sopran beklagte den Geliebten, da in Gefahr. „Das Lied des Volkes“ geriet zum flammenden Protestsong. Lärm von Kämpfen folgte samt Pulverdampf. Der Anführer kehrte zurück, doch unerwartet in die Gesellschaft Vornehmer und Reicher.
Alltagskleidung bestimmte Szenen aus dem auf einem Film basierenden Musical „Footloose“. Den Frust eines Arbeitstags suchte ein Teenager in einem Tanz-Klub in Chicago mit weiten Sprüngen loszuwerden, „I can’t stand still“, bis andere Boys und Girls mitturnten, so ein Quintett mit Cowboyhüten.
Setzten die Darsteller Rock-Rhythmen in ausladende Bewegungen auch der Arme um, so brachten sie den Querschnitt durch „The Rocky Horror Show“ als Rock-, Schock- und Sex-Musical zur Wirkung. In Londoner Aufführungen bezieht man bizarr geschminkte und kostümierte Zuschauer ins Spiel ein. Ein Faschingshappening war in Ottobrunn zu erleben. Geriet ein Liebespaar in die Fänge eines sexgierigen Monsters, so machten dann alle Darsteller Furore. Als Schlossherr erschien das Monster im schwarzen Mantel eines Hexers oder mit Hermelin-Cape, das Ensemble tanzte in Lederhose oder Fantasie-Kostüm, sexbesessese Mädchen ergänzten die Show perfekt. Arno Preiser